Durchbruch für den Gebäudetyp-e der Bayerischen Architektenkammer auf Bundesebene

Justizminister Buschmann legt Entwurf zur Umsetzung im Architekten- und Bauvertragsrecht vor



Die Entscheidung des Bundesjustizministeriums, das BGB im Sinne der Initiative Gebäudetyp-e anzupassen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Planungsansatz, den die Bayerische Architektenkammer entscheidend angestoßen hat, reduziert die Normenflut und schafft Handlungsspielräume beim Planen und Bauen. „Einfaches“ oder „experimentelles“ (Um)Bauen nach dem Gebäudetyp-e ist suffizient und damit kostengünstiger und nachhaltiger. Angesichts hoher Baukosten und Wohnraummangels war eine Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches dringend notwendig. Mit der vorgesehenen Änderung von §§ 650 a ff BGB wird fachkundigen Unternehmen und ihren Planern ermöglicht, gezielt für das jeweilige Vorhaben Vereinbarungen zu treffen, ohne die derzeit noch als anerkannte Regeln der Technik bestehenden Normen immer vollumfänglich beachten zu müssen. 

In Bayern gilt bereits seit August 2023 ein „Recht auf Abweichung“ in Art. 63 der Bayerischen Bauordnung. Im Dezember 2023 starteten nach einem Beschluss des Bayerischen Landtags 19 Pilotprojekte in Bayern, die den Gebäudetyp-e in der Praxis erproben und weiteren Regulierungsbedarf identifizieren.
Auf Bundesebene wurde entsprechend dem bayerischen Modell die Musterbauordnung angepasst. Die notwendige zivilrechtliche Flankierung des Gebäudetyp-e durch das Bundesjustizministerium stand jedoch bislang noch aus.

Prof. Lydia Haack, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer:
„Endlich hat das Bundesjustizministerium reagiert, um die notwendige Rechtssicherheit für den Gebäudetyp-e zu schaffen. Die Bayerische Architektenkammer hat mit viel Elan und Ausdauer auf die Umsetzung ihrer Initiative hingewirkt, dieses Engagement zahlt sich jetzt aus. Mein Dank gilt an dieser Stelle allen, die uns dabei auf Bundes- und Landesebene unterstützt haben, vor allem der Bundesarchitektenkammer und den Bayerischen Staatsministerien für Wohnen, Bau und Verkehr sowie der Justiz. Damit wird das Bauen in Deutschland insgesamt schneller, einfacher und kostengünstiger.“

Hintergrund:
Architekten tragen beim Planen und Bauen die Verantwortung für ein mangelfreies Werk. Neben dem Bauordnungsrecht definieren die sogenannten „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ den Mindeststandard, unter dem ein Werk als mangelfrei gilt. Architekten sehen sich einer Vielzahl von Normen gegenüber, die sie bislang als Mindeststandard einhalten müssen, um nicht für ein mutmaßlich mangelhaftes Werk haften zu müssen. In vielen Bereichen ist der Mindeststandard zu einem hohen Komfortanspruch herangewachsen, etwa bei hohen Anforderungen im Schallschutz oder bei der technischen Gebäudeausstattung. Das enge Normenkorsett beinhaltet inzwischen über 3.900 baurelevanten Normen, die das Bauen über die Maßen komplex und teuer machen.
Der Planungsansatz „Gebäudetyp-e“ der Bayerischen Architektenkammer ermöglicht Architektinnen und Architekten mehr Handlungsfreiheit beim Bauen, Umbauen und Sanieren. Er orientiert sich primär an den Schutzzielen der bayerischen Bauordnung, die eingehalten werden müssen: Brandschutz, Standsicherheit, Nachhaltigkeit/Wärmeschutz und Barrierefreiheit. Darüber sind durch den Gebäudetyp-e viele Vereinfachungen möglich, denn Bauherren, Architekten und Bauunternehmer sind nicht mehr gezwungen, sich an das umfassende Normenkorsett zu halten: Sie können miteinander vereinbaren, welche Normen für ihr Projekt hinreichend sind.
Vorhaben, die sich an das Leitbild des Gebäudetyp-e halten, zeichnen sich durch ein hohes Maß an Suffizienz und konstruktiver Intelligenz auf allen Ebenen aus. Konstruktionen sind einfach gehalten, flächensparend, haben ein hohes Maß an Gebrauchstauglichkeit und sind low-tech statt high-tech. Umbaumaßnahmen und Sanierungen im Bestand werden einfacher und Bauvorhaben insgesamt klimaschonender und kostengünstiger.

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