01.07.2024

07-08/2024 EU-Taxonomie und ESG – Auswirkungen auf die Immobilienbranche und Planungsbüros

Klimaschutz

Foto: © Midjourney/Ulrich Kneisl

Die Herausforderungen und Chancen im Bereich der Nachhaltigkeit werden auch für die Immobilienbranche immer relevanter. Im Mittelpunkt stehen dabei die EU-Taxonomie sowie die Reportingverordnungen CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation). Während die Taxonomie sicherstellt, dass Unternehmen und Investoren ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten identifizieren und transparente Investitionsentscheidungen treffen können, zielen die Offenlegungsrichtlinien und die zugrundeliegenden Reporting-Standards (ESRS) darauf ab, Veränderungen im Geschäftsverhalten anzustoßen.

CSRD

Die CSRD erweitert die bisherigen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung und verpflichtet eine größere Anzahl von Unternehmen, detaillierte Informationen über ihre Nachhaltigkeitsstrategie und die Umweltauswirkungen ihrer Wirtschaftstätigkeiten zu veröffentlichen. Dies umfasst auch Informationen über das Abschneiden von unternehmenseigenen Immobilien und Bauprojekten.

SFDR

Als Offenlegungsverordnung zielt die SFDR darauf ab, Transparenz über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten zu schaffen. Sie verlangt von Finanzmarktteilnehmern, offenzulegen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Investitionsentscheidungen einbeziehen und wie ihre Produkte zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen. Dies kommt vor allem bei der Finanzierung von Immobiliengeschäften oder Bauvorhaben durch Banken und bei anderen finanzmarktrelevanten Immobilieninvestitionen zu tragen.

EU-Taxonomie

Die EU-Taxonomie ist ein umfassendes Klassifizierungssystem, das die ökologische Nachhaltigkeit von wirtschaftlichen Tätigkeiten bewertet und damit als Orientierungshilfe für Investoren dient. Sie basiert grundlegend auf den ESG-Kriterien: Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) und definiert sechs Umweltziele, von denen bereits drei (Klimaschutz, Klimaanpassung und Zirkularität) durch die EU bereits ausformuliert wurden. Die unterschiedlichen Akteure innerhalb der Immobilienbranche sind angehalten, ihre Wirtschaftstätigkeiten, die an Immobilen geknüpft sind, gemäß den Kriterien der EU-Taxonomie zu klassifizieren. Dabei werden Immobilien als umweltverträglich eingestuft, die einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der Klima- und Umweltziele der EU leisten, keines dieser Ziele wesentlich beeinträchtigen (Do-No-Significant-Harm) und Mindestschutzbestimmungen einhalten. Daraus ergeben sich bei der relevanten Größe aus Mitarbeitenden und Umsatzzahlen folgenden Herausforderungen:

  • Bestandshalter, Fondsmanager oder Corporate Real Estate untersuchen Immobilienbestände hinsichtlich der sechs Umweltziele und stellen die entsprechenden Daten für das Nachhaltigkeitsreporting bereit.
  • Entwickler gewährleisten im Tandem mit Planenden, dass Projekte hinsichtlich der Anforderungen günstig abschneiden und KPIs erreichen, die der internen Nachhaltigkeitsstrategie entsprechen. Nachweise müssen für den Weiterverkauf oder die Vermietung entsprechend vorliegen.
  • Banken und Finanzierer entwickeln ihre Nachhaltigkeitsstrategien und tragen dafür Sorge, dass die Immobilien, die sie durch Green-Bonds finanzieren, im Sinne der SFDR auf Produktebene als Green Asset (z.B. Artikel 8 oder 9) eingeordnet werden können.
  • Bauprodukthersteller stellen alle relevanten Kennzahlen zu den Bauprodukten bereit, damit während der Planung eine frühzeitige Bewertung und ggf. Optimierung der Nachhaltigkeit des Gebäudes vorgenommen werden kann.


Dabei ist es wichtig zu beachten, dass auch Projekte tangiert werden, die eigentlich nicht reporting-pflichtig sind, wenn sie potenziell an institutionelle Käufer veräußert oder finanziert werden sollen. Dies nennt man den Pull-Effekt und bedingt eine langfristige Planung der Immobilie.

 

Warum ist es wichtig, dass Planende Kenntnisse zu dieser Regulatorik besitzen?

Zunächst besitzen Planungsbüros eine Verantwortung für die Gestaltung der räumlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge der kommenden Jahrzehnte. Die größte Herausforderung wird dabei die Einhaltung der Klimaziele und das Erreichen der Klimaneutralität bis 2045 (D) oder 2050 (EU) sein. Als Unternehmen mit sozialer Verantwortung können Planende mit einer Nachhaltigkeitsstrategie mit gutem Beispiel vorangehen. Hinsichtlich der Reduktion von Emissionen zeigt die Arbeit von Architektinnen und Architekten jedoch einen signifikant höheren Wirkungsgrad im Vergleich zu einer Veränderung des Lebensstils. Mit anderen Worten, durch die Einflussnahme auf die Gestaltung und Umsetzung von Sanierungs- und Bauprojekten haben Planende einen enormen Hebel zur Einsparung von Treibhausgasen. Die Taxonomie sowie die Offenlegungsverordnungen beeinflussen die Entscheidungsfindung in der Immobilienbranche zunehmend. Das Verständnis für die regulatorischen Gegebenheiten sowie für Vor- und Nachteile durch das Missachten oder Einhalten von Nachhaltigkeitsanforderungen ist ausschlaggebend, um Entscheidungstragenden gegenüber bessere Argumente für nachhaltige Entwicklungen belastbar vorbringen zu können. Damit bringen sich Planende in eine aktive Position des Agierens anstelle des Reagierens.

Fazit

Die EU-Taxonomie sowie die Reportingverordnungen CSRD und SFDR sind nicht nur als eine Herausforderung zu betrachten, sondern bieten auch die Chance, einen wesentlichen Beitrag zu den Klima- und Umweltzielen der EU zu leisten und langfristig nachhaltige und zukunftsfähige Immobilienprojekte auf den Weg zu bringen.

Glossar

  • CSRD: Corporate Sustainability Reporting Directive
  • SFDR: Sustainable Finance Disclosure Regulation
  • ESRS: European Sustainability Reporting Standards Taxonomie Umweltziele: ⁠Klimaschutz⁠, ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠, Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasserressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung, Schutz von Ökosystemen und ⁠Biodiversität⁠
  • Corporate Real Estate: Verwaltung der Immobilienbestände großer (Industrie-)Unternehmen
  • KPIs: Key Performance Indicators (Indikatoren zur Erfolgsmessung)
  • Artikel 8 SFDR: Finanzprodukte, die ökologische oder soziale Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen
  • Artikel 9 SFDR: Finanzprodukte mit klarem Nachhaltigkeitsziel

Autoren: Martin Bittmann und Julia Dorn

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